„Ich fürchte den Tod nicht, aber ich habe einen großen Drang zu leben“. (Joachim Erwin)












Der Fotograf STEFAN SEFFRIN reflektiert in seiner Kunst den Menschen in Extremsituationen -Prozesse werden visualisiert, in Etappen personalisiert. Er kennt keine Berührungsängste.
ATMEN ist ein angeborener Automatismus. Dafür muss der Mensch nicht denken und sich nicht anstrengen.Es war uns nicht bewusst, dass diese Selbstverständlichkeit in unserem Leben bedroht sein könnte. Einfach so aus dem Nichts erleben wir eine Gefahr, die uns ALLE betrifft. Dringend werden Beatmungsmaschinen benötigt, Krankenstationen aufgerüstet, … und plötzlich wird unser Leben in einer ganz neuen Perspektive gesehen, fragil und ungeschützt.
Intuitiv hat ihn die Corona-Pandemie zu einer neuen Serie geführt, die das aktuelle Lebensgefühl zum Ausdruck bringt. Er hat Freunde und Bekannte zum Mitwirken überzeugen können und sie sind für ihn in die Badewanne gestiegen, um Teil dieses Happenings zu werden. Kein leichtesUnterfangen, sie dafür zu begeistern, mit einer Strumpf-(!)-Maske versehen unterzutauchen.
Auch wenn das Verfahren ansich harmlos war, so erinnert dieser Moment doch an das Ab-und Auftauchen aus dem Wasser, das Nicht-Ertrinken-Wollen oder assoziiert mit dem Gedanken an Folter und Waterboarding.
34 Personen wurden fotografiert in jeweils drei verschiedenen Phasen. Männer, Frauen und drei Jugendliche. 102 Fotografien in Schwarzweiß, alle Arbeiten sind entstanden im Zeitraum zwischen Oktober und November 2020:
In der ersten Phase ruht das Modell mit geschlossenen Augen über dem Wasser. Die Persontaucht unter, Luftblasen entstehen. Bei der dritten Phase wird ein Loch in die Strumpfhose geschnitten, die Person taucht wieder auf und atmet.
Manche Fotos erinnern in ihrer Ruhe an eine Totenmaske, sie haben fast etwas Sakrales, Übermenschliches. Anschließend, unter Wasser verschwimmt das Gesicht, wird unkenntlich, aber die Luftblasen zeugen vom Lebendig-Sein. In der Schlussphase dann der geöffnete Mund, überdimensional, bei geschlossenen Augen, der Kopf immer noch im Wasser liegend. Es ist wie ein Neubeginn, ein Ur-Neustart -das bewusste Atmen und die Freude und Erleichterung daran.
Bettina Ghasempoor


